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Das achtfache „Om“  (sprich: „Oohhm“)

Ich habe nur rudimentäre Yoga-Erfahrung, mir ist aber aus diversen früheren Yoga-Sessions bekannt, dass oftmals die Übungsstunde zur Einstimmung mit einem gemeinsam gesungenen dreifachen Om eingeläutet wird. Das dient einerseits  der Synchronisation, andererseits wird hierdurch der Einklang von Körper, Geist und Seele betont.

Am ersten Morgen fand ich mich also um 06:15 zum Yoga auf der Dachterrasse ein. Doro hatte schlecht geschlafen und ruhte noch ein wenig. Nur drei Teilnehmer waren anwesend, die Morgenstimmung beeindruckend, der Sonnenaufgang stand kurz bevor. Der heimische Yoga-Lehrer namens Wasnu verschwendet keine Zeit. Kaum sitzen wir, er im strengen Schneider- , wir im eher gemütlichen Sitz, da lässt er kommentarlos, aber laut sein initiales Om erschallen. Moment mal, Synchronisation? Wie wäre es denn vorher mit gemeinsam durchzuführenden „Breath in- Breath out“- Übungen? Nun gut, andere Länder, andere Sitten, wir sollen offenbar mit einstimmen. Da mein Atemrhyhmus gerade genau gegenläufig stattfindet, schiebe ich eine schnelle Schnappatmung ein, um einigermassen synchron  zum zweiten anzusetzen: „Om“. Während die anderen Teilnehmer entweder leicht verspätet bei ihrem individeullem Om angekommen waren oder noch gar nicht wussten, was hier geschah, macht sich die unterhalb der Yoga-Terrasse wohnende Dame offenbar  an der Badkeramik zu schaffen.Unglaublich, welche Massen sich hier offenbar ergiessen. Schwer einzuschätzen, mit welchem Körperteil, aber definitiv schwallartig, ausdauernd und äusserst geräuschintensiv. Ah, so hört sich wohl der „Cleaning Day“ an, schrecke ich unwillkürlich zusammen. Unser ohnehin eher klägliche Versuch des Einklangs geht damit sozusagen vollends in die Schüssel. Erst als Wasnu sich Minuten später sicher wähnt, dass sich ihm nichts explosionsartiges mehr aural in den Weg stellt, setzt er, genauso unverhofft und überraschend wie beim ersten Mal, zum nächsten Om an.

Für uns Teilnehmer nun extrem schwierig abzuschätzen, ob das nun schon „das letzte“ oder erst „das erste“  Om gewesen sein soll. Wasnus schlagartiger Ansatz zum nächsten Om bringt Klarheit, unser verspätetes Miteinstimmen sorgt kaum für Synchronisation, doch das bleibt ohne jegliche Relevanz. Denn während des Abklingens nähert sich der Zug nach Colombo auf der offenbar in der Nähe verlaufenenen Bahntrasse, das zugtypische donnerrumpeln wird seekündlich merklich lauter. Kurz vorm nächsten, möglicherweise letztem Om warnt offenbar der Colombo-Express vor einem unbeschrankten Bahnübergang, stellt mit seiner lautstarken und lang anhaltenden Hupe TRÖÖÖÖT eindeutig klar, wem hier Vorfahrt zu gewähren ist…und somit wird auch dieses  einsetzende, gehofft letzte, Om, gnadenlos übertönt. Bei der gewaltigen Anzahl an Dezibel wird nebenbei zweifelsfrei geklärt, dass unser "A-capella-Om" hier die nächste Zeit höchstens die zweite Geige spielen wird. Wasnu hatte erst kein Glück, jetzt kommt auch noch eine Menge Pech dazu. Just als er endlich zum nächsten Om ausholt, erreicht der Zug offenbar die nächste Gefahrenstelle und warnt erneut. So ein Zug ist lang, sehr lang...und es reihen sich offenbar noch ein Dutzend weiterer unbeschrankter Übergänge aneinander. Nur langsam ebbt das donnergrollen ab. Ich frage mich: Was nu, Wasnu?

Es herrscht keine Eile, bekanntlich liegt in der Ruhe die Kraft. Mit stoischer Gelassenheit und gesenktem Blick  atmet unser teacher nun minutenlang so wie wir, einfach vor sich hin.

Kommt noch was? Ja, irgendwann ist es dann doch so weit, unspektakulär, nicht ganz synchron, aber drei Mal, kurz, unerwartet, aber immerhin bündig: Om Om Om. Das meinem Sitznachbarn quasi zum Abschluss des Dreiklangs die Flatulenz knackig und geräuschvoll knatternd entfleucht , geschenkt, es kommt mir wie ein Ausrufezeichen vor.

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